Die Rolle seines Lebens – Michael J. Fox in der dynamischen Doku „Still“ (2024)

Unheilbar und trotzdem optimistisch

Die Rolle seines Lebens– MichaelJ. Fox in der dynamischen Doku „Still“

Die Rolle seines Lebens– MichaelJ. Fox in der dynamischen Doku „Still“ (1)

Das Lachen ist immer noch da: Michael J. Fox, an Parkinson erkrankter US‑Schauspieler, in einer Szene des Dokumentarfilms „Still – A Michael J. Fox Movie“. Der Film von Oscarpreisträger Davis Guggenheim ist beim Streamingdienst Apple TV+ zu sehen.

Quelle: -/Apple TV+/dpa

Mit 29 Jahren wurde beim „Zurück in die Zukunft“-Star MichaelJ. Fox Parkinson festgestellt. Oscarpreisträger Davis Guggenheim lässt ihn in „Still“ (streambar bei Apple TV+) von sich erzählen. Die Doku ist so dynamisch und humorvoll, dass der Untertitel „A MichaelJ.Fox Movie“ nicht untertrieben ist.

Der letzte Blick des Schauspielers Michael J. Fox ist lange, still, ernst. Kein Lächeln mehr diesmal. Es ist der Blick eines Menschen, der in einem Körper steckt, der sich zunehmend wie ein Gefängnis anfühlt. Fox leidet an Parkinson, er kämpft mit allen Mitteln gegen das Fortschreiten der Krankheit an, aber er weiß auch, dass sie progressiv ist, dass gesund werden Stand der Medizin 2023 keine Option für ihn ist. Dass sein Leben wohl eher nicht 80 Jahre währen wird, hat der 61‑Jährige jüngst in einem Fernsehinterview gesagt. In diesem letzten Bild der Doku „Still – A Michael J. Fox Movie“ (streambar auf Apple TV+) liegt ein langes Leid und ein langer Kampf. Es ist das einzige wirklich bewegungslose Bild dieses hochener­getischen Porträts.

Weiterlesen nach der

Anzeige

Weiterlesen nach der

Anzeige

Ein Film, den Davis Guggenheim gedreht hat, der Regisseur, der 2007 für seine Doku „Eine ungeliebte Wahrheit“ über Erderwärmung und Klimawandel den Oscar bekommen hatte. „Still“ widerlegt seinen Titel zum einen, indem er einen zeit seines Lebens und bis heute stets in Bewegung befindlichen Protagonisten zeigt, und bestätigt ihn zugleich in der Wortbedeutung „trotzdem“ und „immer noch“. Trotz der degenerativen Nervenerkrankung, die den Bewegungsapparat beeinträchtigt, ist er immer noch „alive und kicking“ (gesund und munter), dieser Michael J. Fox: Mit all seiner Energie und all seinem Humor. Dabei lebt er nun schon 32 Jahre mit Parkinson. Die Krankheit, die bei Menschen meist im Alter ausbricht, wurde bei ihm bereits im Alter von 29 Jahren diagnostiziert.

Das Fingerzucken war „eine Botschaft aus der Zukunft“

Guggenheim beginnt (Vorsicht: Hier betreten Sie das Reich der Spoiler) mit einer nachge­stellten Szene, dem Fox’ Leben verändernden Moment in einem scheußlich pinken Hotel 1990 in Florida. Ein junger Mann erwacht in seiner Suite mit einem Kater, hält die Sonne und eine flatternde Motte mit einer Hand von seinen Augen fern und bemerkt dabei, wie sein „pinkie“, sein kleiner Finger, ungebührlich und anhaltend zuckt.

Weiterlesen nach der

Anzeige

Weiterlesen nach der

Anzeige

Mehr zum Thema

Verletzliche Seiten eines SuperstarsVon Ängsten und Tränen – Ed Sheerans neues Album „Subtract“ und seine Doku auf Disney+
Neue Science-fiction-Serie nach Hugh Howeys KultromanenWarum die neue Apple-Serie „Silo“ ein Glanzstück der Science-Fiction ist
Als Nächstenliebe lebensgefährlich warDas Grauen in der Prinsengracht 263 – Anne Frank wird zur Disney-Serie

„Dieses Zucken“, hört man Fox sagen, „war eine Botschaft aus der Zukunft.“ Der vielleicht traurigste Gag des 94‑minütigen Films, wurde Fox doch mit Robert Zemeckis Sci‑Fi-Komödientrilogie „Zurück in die Zukunft“ (1995–1990) zum Weltstar, einer Geschichte über den zeitreisenden Teenager Marty McFly, der mit einem von einem verrückten Professor mit einem Fluxkompensator ausgestatteten DeLorean-Automobil in die Fünfzigerjahre, die Zukunft und den Wilden Westen reist. Kinokult. Klassiker.

Schon als Kind sei Fox immer in Bewegung gewesen. Und offenbar auch immer frohgemut. Auf allen Bildern ist der im kanadischen Alberta geborene, in der Provinz British Columbia aufgewachsene pummelige Junge, dem seine „baby sister“ bald über den Kopf wuchsen und der mit 1,63 Meter ein Stückweit vom Hollywoodgardemaß entfernt blieb, mit dem Grinsen und den leuchtenden Augen zu sehen, die er bis heute hat.

Die Rolle seines Lebens– MichaelJ. Fox in der dynamischen Doku „Still“ (6)

Klassiker der Filmgeschichte; Mit der Blockbuster-Trilogie „Zurück in die Zukunft“ ist Stiftungsgründer MichaelJ. Fox (l.) in der Rolle als Marty McFly berühmt geworden. Die Szene zeigt ihn mit Christopher Lloyd als Zeitmaschinenerfinder Emmett Brown.

Quelle: RTL II

Guggenheim startet seine Erzählung in der Mitte der Fox-Story, danach wird er chrono­logisch: Karrierestart bei „Familienbande“, Superstarzeit, Gründung einer eigenen Familie, Diagnose, langes Verschweigen, Coming-out 1998, schwindender Ruhm, Gemüts- und Alkoholprobleme. Das könnte Doku as usual werden, aber der Regisseur erzählt die Geschichte in zwei interessanten Ebenen.

Weiterlesen nach der

Anzeige

Weiterlesen nach der

Anzeige

Zum einen ist da der Fox von heute, der in Interviews frank und frei aus seinem Leben erzählt und der wirklich jede Frage zulässt. Wie er auch die Kamera überall erlaubt: Man sieht ihn mit einer Sprachtrainerin, wie er seine Stimme mit Schreiübungen in Schwung hält, und mit einem Bewegungstrainer, der mit ihm daran arbeitet, das Schwinden seiner Motorik zu verzögern.

Der Kniff mit den Filmszenen gibt der Doku Witz und Dynamik

Bei den Flashbacks wird dann nicht nur Archivmaterial benutzt, sondern – und das ist der besondere Kniff: Guggenheim illustriert mit Szenen aus Fox-Filmen, die entweder passen oder passend gemacht werden – so als seien das nicht viele verschiedene Figuren, sondern Fox selbst. Und immer wird der Star in diesen Rollen in Bewegung gezeigt – laufend, rennend, gestikulierend. Die Doku wird dadurch dynamisch, temporeich, kraftvoll – als wäre sie, was sie im Untertitel zu sein vorgibt, ein richtiger „Michael-J.-Fox-Film“. Der Ernst der Lage steht außer Frage, aber die Leichtigkeit, der Drive, stehen „Still“ gut.

Mehr zum Thema

Kampf gegen NervenkrankheitSind Bakterien für Parkinson verantwortlich? Experten sehen „interessantes Mosaiksteinchen“
Aufwärmkonzert vor der großen TourKopf hoch, tanzen!– Grönemeyer gibt Bremen ein grandioses Gefühl

Die Not ist offenkundig – es wird nichts beschönigt. Die Hand mit der Zahnpastatube fliegt, die mit der Zahnbürste zittert. Es dauert eine Weile, bis beide zusammentreffen. Das Training ist eine Tortur, die massiv unrunde Fortbewegung ist stets von Balanceverlust bedroht. Einmal stürzt Fox hart auf den Bürgersteig und eine Passantin dreht um, um ihm wieder auf die Beine helfen. „Echt nett, Sie zu treffen“, scherzt der am Boden liegende Fox. „Sie haben mich glatt umgehauen.“ Der charismatische Komödiant, der mit seinen Rollen Millionen zum Lachen brachte, tut das immer noch gern und hat selbst eine laute, ansteckende Lache.

Der Kampf der Forscher gegen Parkinson geht langsam voran

Eine nach ihm benannte Parkinson-Foundation hat Fox gegründet, um den Kampf gegen Parkinson für all die weniger privilegierten Patienten und Patientinnen voranzutreiben. Immer wieder werden an der Parkinson-Front Durchbrüche verkündet – erst vor Wochenfrist von einem Forscherteam der Universität Helsinki, das überzeugt ist, eine bestimmte Gruppe von Darmbakterien als Parkinson-Mediatoren schädlicher Umwelteinflüsse ausfindig gemacht zu haben.

Weiterlesen nach der

Anzeige

Weiterlesen nach der

Anzeige

Das Stream-Team

Die besten Serien- und Filmtipps für Netflix & Co. – jeden Monat neu.

Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.

Andere Experten halten das Ergebnis indes eher für ein Mosaiksteinchen auf einem noch längeren Weg zu wirksamer Verzögerung, Aufhalten und – als Fernziel – Heilung von Parkinson. Das aber ist nur ein schmaler Aspekt von „Still“. Gezeigt wird das Leben mit der Krankheit: Das jahrelange Vertuschen, indem Fox durch Verbergen der Hand in der Hosentasche oder ihr Bestücken mit einem Gegenstand den Tremor unbemerkt hielt. Und dann der offene Umgang mit der Krankheit, der Gang in die Offensive.

Sehenswert: Fox baute die Krankheit in „The Good Wife“ ein

Der schließlich zu einer fantastischen späten Rolle führte. Wer mit „Still“ durch ist, hat spätestens dort erfahren, dass Fox von 2010 bis 2016 eine tragende Rolle in der Anwaltssaga „The Good Wife“ spielte. Und wer jetzt nichts Besseres vorhat: Unbedingt ansehen! Die Serie mit Julianna Margolies, Chris Noth und Christine Baranski ist überaus empfehlenswert: Und das von Fox gespielte zwielichtige Juristenschlitzohr Louis Canning nutzt sein motorisches Leiden – in „The Good Wife“ ist es Spätdyskinesie – vor Gericht schamlos zu seinen Gunsten aus.

Man freut sich jedes Mal, wenn Fox in einer Folge auftaucht – zweimal ist er auch 2020 in der Spin-off-Serie „The Good Fight“ zu sehen gewesen.

Weiterlesen nach der

Anzeige

Weiterlesen nach der

Anzeige

„Wenn ich in 20 Jahren noch hier bin, werde ich entweder geheilt sein oder sehe wie eine Gurke aus“, sagt Fox. Und am liebsten würde man ihn danach mit dem alten DeLorean in die Zukunft schicken und alles würde gut. Das vorletzte Bild zeigt fünf Silhouetten am Strand – Fox mit seiner Frau Tracey Pollan, die bis heute an seiner Seite steht und mit seinen vier Kindern, die ungezwungen und umarmend mit ihrem Vater umgehen. Der neueste Film von Michael J. Fox zeigt ihn in der Rolle seines Lebens. Und hat – in gewisser Weise – sogar ein Happy End.

„Still – A Michael J. Fox Movie“, Doku, Regie: Davis Guggenheim, mit Michael J. Fox, Tracey Pollan, Sam Fox, Schuyler Fox, Annabelle Fox, Aquinnah Fox (streambar bei Apple TV+)

Die Rolle seines Lebens – Michael J. Fox in der dynamischen Doku „Still“ (2024)
Top Articles
Latest Posts
Article information

Author: Barbera Armstrong

Last Updated:

Views: 6172

Rating: 4.9 / 5 (79 voted)

Reviews: 94% of readers found this page helpful

Author information

Name: Barbera Armstrong

Birthday: 1992-09-12

Address: Suite 993 99852 Daugherty Causeway, Ritchiehaven, VT 49630

Phone: +5026838435397

Job: National Engineer

Hobby: Listening to music, Board games, Photography, Ice skating, LARPing, Kite flying, Rugby

Introduction: My name is Barbera Armstrong, I am a lovely, delightful, cooperative, funny, enchanting, vivacious, tender person who loves writing and wants to share my knowledge and understanding with you.